Zum Autor : Der renommierte Medienexperte und Kommunikationsberater Professor Dieter Weirich war von 1989 bis 2001 Intendant der Deutschen Welle und gehörte zuvor eineinhalb Jahrzehnte dem Hessischen Landtag und dem Deutschen Bundestag an, wo er sich als Mediensprecher und als einer der Wegbereiter für die Einführung des Privatfernsehens einen Namen machte. Außerdem nahm er Führungspositionen in der PR-Branche in Hessen wahr. Weirich, der sich selbst „als liberalkonservativen Streiter“ sieht, gilt als ebenso unabhängig wie konfliktfreudig und ist Kolumnist der FNP und Berater der Denkfabrik – Deutsches Institut für Altersvorsorge.
In der Schweiz ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk bei einer Volksabstimmung seiner Abschaffung entgangen und bescheidet sich jetzt mit 100 Millionen Franken weniger. In Österreich steht die Zwangsgebühr auf dem Prüfstand, die Dänen haben die Gebührenpflicht gerade durch eine Steuer ersetzt und das Budget kräftig gekürzt, und in Italien gerät die staatliche RAI nach den Wahlen unter Druck. Die Sieger sehen sie als Vasallen der alten Machthaber. Ganz Europa diskutiert über den zukünftigen Zuschnitt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, seine Kosten für die Bürger und seine Anpassung an einen fairen Wettbewerb im digitalen Zeitalter. Nur in den Bunkern von ARD und ZDF hört man den Knall nicht.
Obwohl die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) gerade festgestellt hat, das alles in allem mit knapp zehn Milliarden Euro ausgestattete System habe eine halbe Milliarde zu viel in der Kasse, fordern die Intendanten – allen voran der neue ARD-Vorsitzende und frühere Regierungssprecher Angela Merkels, UIrich Wilhelm, eine Gebührenerhöhung ab 2020. Mehr Programme verlangten auch mehr Geld. Wer das nicht sehe, sei „ignorant“. Wer sich mit 20 Fernsehprogrammen, 69 Radio-Angeboten und 130 Internet-Offerten ausgebreitet hat und im Gegensatz zu privaten Medienunternehmen zu Reformen durch Einsparungen unwillig ist und sein Fass ohne Boden für sakrosankt erklärt, lebt auf einem anderen Stern.
Bei der Schaffung einer dualen Medienordnung war von publizistischem Gleichgewicht und fairem Wettbewerb die Rede. In der digitalen Medienära hat sich dieses Gewicht längst zugunsten des durch einen staatlich verordneten höchst opulenten Rundfunkbeitrag verschoben, obwohl der Anspruch des „Integrationsrundfunks“ vermessen erscheint, wenn man an die Spurenelemente von jungen Zuschauern bei ARD und ZDF denkt.
Niemand will hierzulande in Zeiten von Fake News, Bots und Filterblasen den eine gewisse Qualität garantierenden öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen. Was die Bürger allerdings erwarten können, ist Einsicht in eine sich verändernde Medienwelt und ein Stück Bescheidenheit. Den Rundfunkbeitrag mit falschem Pathos als „Demokratieabgabe“ zu feiern und jede Kritik am System als rechtspopulistischen Angriff abzuqualifizieren, ist ebenso bequem wie töricht.
Ob alle Landesparlamente wie in der Vergangenheit die nächste Gebührenerhöhung abnicken, darf bezweifelt werden. Die Lobbyisten der öffentlich-rechtlichen Kanäle haben sich auf die Bearbeitung der Mandatsträger in Sachsen und Sachsen-Anhalt fokussiert. Von dort droht Gefahr.
Der Beitrag ist in der Frankfurter Neuen Presse am 19. März 2018 erschienen. Mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht.