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Gut ein Monat ist vergangen, seitdem das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften zur Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hat. Das Urteil kam nicht überraschend. In Expertenkreisen wird seit Jahren über die Grundsteuer diskutiert. Betroffen ist im Grunde jeder, ob Mieter oder Grundstückseigentümer, ob Eigennutzer oder Vermieter. Jeder muss Grundsteuer zahlen, bis auf wenige Ausnahmen.
Beim Lesen des Urteils fällt ins Auge, dass nicht die Grundsteuer in der derzeitigen Form generell verfassungswidrig ist, sondern nur die derzeitige Methode zur Bemessung bzw. die Vorschriften zur Einheitenbewertung, die eine Hauptrolle für die Bemessung der Grundsteuer spielt. Das wirft die Frage auf, wie wurde beziehungsweise wie wird die Grundsteuer zurzeit noch bemessen und was genau ist daran verfassungswidrig?
Die Ermittlung der Grundsteuer erfolgt in drei Schritten: Zunächst stellt das Finanzamt die Höhe des Einheitswerts fest. Grundlage hierfür ist das Bewertungsgesetz. Der Eigentümer und die zuständige Behörde erhalten daraufhin einen Einheitswertbescheid. Danach wird auf der Grundlage des festgelegten Einheitswerts der Grundsteuermessbetrag ausgerechnet. In diesem Schritt werden Einheitswert und Grundsteuermesszahl miteinander multipliziert. Aufgrund dieser Berechnungen erhalten Eigentümer und Gemeinde einen Grundsteuermessbescheid. Die Gemeinde/Stadt als Erhebungsorgan erlässt den Grundsteuerbescheid – das Produkt aus Messbetrag aus dem Grundsteuermessbescheid und dem individuellen Hebesatz der Gemeinde/Stadt.
Tatsächlich ist schon der Erste dieser drei Schritte dafür verantwortlich, dass die Bemessung der Grundsteuer gekippt wurde. Das Problem liegt bei der Feststellung des Einheitswertes, welcher die Bemessungsgrundlage aller Berechnungen zur Grundsteuer ist. Was genau ist der Einheitswert?
Der Einheitswert basiert auf den Angaben, welche der Eigentümer auf einem speziellen Fragebogen erklärt. Der Fragebogen wird vom Finanzamt an Eigentümer von Neubauten, die zur Abgabe verpflichtet sind, ausgegeben. Je nach Nutzung und nach Grundbesitz in alten oder neuen Bundesländern wird der Wert der Immobilie aus den Jahren 1964 oder 1935 zugrunde gelegt. Danach wird entweder mittels Ertragswertverfahren oder Sachwertverfahren der Grundstückswert festgestellt.
Um aufzuzeigen, was genau am Einheitswert für die Bemessung verfassungswidrig ist, müssen wir noch einmal zurück zum Urteil vom 10. April 2018. Laut diesem sind die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen seit dem Beginn des Jahres 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Gleiches darf nicht wesentlich ungleich, Ungleiches darf nicht wesentlich gleich behandelt werden! – Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) nicht mehr vereinbar. Diese Diskrepanz entsteht dadurch, dass der Gesetzgeber die Grundsteuer an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 bemisst.
Die Gegebenheiten von damals und heute sind grundlegend unterschiedlich und somit ungleich. Um die Grundsteuer zu bemessen, wird der Einheitswert benutzt, der eben diese Unterschiede in Gegebenheiten von heute und damals nicht betrachtet. Dadurch liegt eine Missachtung des Gleichheitssatzes vor und damit wurden die Regeln zur Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt.
Nun hat der Gesetzgeber bis spätestens 31. Dezember 2019 Zeit, für eine neue Regelung zu sorgen, die ab spätestens 31. Dezember 2024 in Kraft treten muss. Welche Änderungen es geben wird, steht noch nicht fest, obwohl schon kurz nach der Urteilsverkündung unzählige mögliche Alternativen und Ansätze zur Reformierung in den Medien kursierten. Zu spekulieren, welche dieser Ansätze wohl umgesetzt wird, ob es eine Kombination mehrerer verschiedener oder doch ein bisher unbekannter wird, lohnt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Fest stehen dürfte, dass der Gesetzgeber die Frist wohl voll ausnutzen wird, auch wenn seit langem eine Reform der Grundsteuer geplant war. Allein die Einigung mit den Bundesländern wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Die Grundsteuer ist zwar eine bundeseinheitliche Steuer, dennoch werden die Einheitswerte bisher von den Bundesländern bestimmt. Ob dies nach einer Reform noch der Fall sein wird, steht zur Disposition.
Die wichtigste Frage für viele ist: Wie wirkt sich das auf den eigenen Geldbeutel aus?
Das hat jetzt schon eine neue Verteilungsdiskussion ausgelöst.
Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen hat bereits angekündigt, Vorschläge zu machen, mit dem Ziel, die Auswirkungen „aufkommensneutral“ zu gestalten. Er verspricht jedoch eine Umverteilung, die zu Lasten von Vermögen gehen solle. Matthias Kollatz-Ahnen nennt hierfür Villenbesitzer und Eigentümer in Ostberlin als Beispiel.
Werner Rohmert, Herausgeber „Der Immobilienbrief“ schreibt in seinem Kommentar über das Thema, dass die Grundsteuer voraussichtlich ansteigen wird und die Reform vor allem Mieter, Familien und Senioren hart treffen wird.
Grundsätzlich ist nicht abzusehen, welches Ergebnis und welche Folgen die Reform haben wird. Einig sind sich Politiker und Experten, dass der Staat nicht auf Einnahmen verzichten wird. Reformen hatten in den letzten Jahren immer „Gewinner und Verlierer“, es bleibt abzuwarten, ob diese Reform letztendlich nur „Verlierer“ zur Folge hat. In jedem Fall steht fest, dass die Steuer als umlegbare Nebenkosten weiterhin von den Mietern zu tragen sein wird. Dieser Umstand wird wiederum die Mietverbände auf den Plan rufen.
Der Staat wird es sich nicht leisten können, auf erhebliche Zusatzeinnahmen zu verzichten. Aus der Urteilsbegründung ist eigentlich – so auch die Meinung der Experten – bereits abzulesen, dass sich eine wesentliche Verteuerung einstellen wird.
Autor: Andreas Schneider, Gesellschafter der Schneider Verwaltungs- & Treuhand GmbH, Amorbach.