Apps auf Rezept. Das Digitale-Versorgungs-Gesetz und die rechtlichen Folgen

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Die Verschreibung von Apps und das Skypen mit dem Arzt klingt zunächst surreal. Jedoch ist dieser Schritt der Medizin in Richtung Digitalisierung in Deutschland bald Realität.

„Gesundheit ist die erste Pflicht im Leben“, schrieb Oscar Wilde. Wir wissen nicht, ob Jens Spahn Oscar Wild liest, aber der Bundesgesundheitsminister möchte offensichtlich dieser Pflicht nachkommen. Im Online-Zeitalter war es allerdings auch notwendig, dass die Medizin auch in Deutschland auf den „Digitalierungs-Zug“ mit aufspringt.

Videosprechstunden und E-Rezepte

Seit dem 01.01.2020 gibt es Apps auf Rezept: Laut dem neuen Digitalen-Versorgungs-Gesetz (DVG) können unter Anderem „Gesundheits-Apps“, wie z.B. die Erinnerung an die regelmäßige Einnahme der Arzneimittel oder Diabetiker-Tagebücher, nach Prüfung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) von Ärzten verschrieben werden. Die Kosten dafür werden die gesetzlichen Krankenkassen tragen.

Die disruptive Veränderung ist jedoch eine andere: Künftig sollen Ärzte Videosprechstunden anbieten können, die gerade die Versorgung in ländlichen Regionen verbessern sollen. Die Einführung einer elektronischen Patientenakte (ePA), E-Rezepte, elektronische Arztbriefe und Apps sollen den Digitalisierungsprozess im deutschen Gesundheitswesen vorantreiben. Um Befunde oder elektronische Rezepte sicher zu übertragen, sollen sich Praxen, Apotheken und Krankenhäuser an ein spezielles Netzwerk anschließen.

Das klingt alles sehr nachvollziehbar und der Schritt hätte schon viel früher eingeschlagen werden müssen. Online-Infrastruktur heißt zugleich, dass vor allem personenbezogene Daten – viel einfacher gesammelt werden können. Dies sieht sogar der Gesetzesentwurf vor!

Der Datenschutz ist erneut Thema

Die gesetzlichen Krankenkassen sollen alle Abrechnungsdaten (Alter, Geschlecht, Wohnort und Behandlungen) pseudonymisieren (Namen der Patienten werden digital rausgestrichen und durch ein Kennzeichen ersetzt) und an ein Forschungsdatenzentrum weiterleiten. Dort können Wissenschaftler und Forscher auf Antrag Zugriff auf Ergebnisse der 73 Millionen gesetzlich Versicherten erhalten. In diesem Datenzentrum soll gespeichert werden, wer, wann, wegen welcher Krankheit beim Arzt war, welche Behandlung er oder sie erfahren hat und welche Medikamente verschrieben worden sind.

Krankheits-Prävention durch Forschung? Klingt super! Jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Patienten-Datensätze trotz Pseudonymisierung wieder auf einzelne Personen zuzuordnen sind und ohne Zustimmung der Patienten an Forschungseinrichtungen weitergegeben werden. Denn oft genügen wenige Merkmale, um pseudonymisierte Daten doch einer Einzelperson zuzuordnen. Besonders in Fällen mit niedrigen Fallzahlen, wie zum Beispiel bei seltenen Krankheiten, ist die Gefahr der Zuordnung groß.

Das leichte Rückgängigmachen der Pseudonymisierung ist ebenfalls möglich: Wer garantiert uns, dass unsere personenbezogenen Daten nicht für andere Zwecke missbraucht werden? Das Gesetz nicht, denn dort ist gerade nicht beschrieben, wie die Daten vor einer solchen Identifizierbarkeit geschützt werden sollen. Den Krankenkassen wird durch die Zusammenführung der Daten ermöglicht Gesundheitsprofile der Versicherten zu erstellen. Dies birgt enorme Risiken für die Persönlichkeitsrechte der Versicherten. Zudem betrifft das Gesetz nur gesetzlich Versicherte, das bedeutet, dass Privatversicherte einen höheren Datenschutz als die Mehrheit der Bevölkerung erhalten. Durch eine Widerspruchsmöglichkeit bezüglich der Verwendung der eigenen Daten – könnte der Datenschutz besser gewährleistet werden. Eine solche Möglichkeit sieht das DVG allerdings nicht vor.

Fazit

Deutschland wagt durch das DVG einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung. In keinem anderen Land werden Apps verschrieben, deren Kosten zusätzlich von den gesetzlichen Krankenkassen getragen werden. Die Zettelwirtschaft und die gefühlt ewige Bürokratie sollen dadurch weiter abgeschafft werden. Demnach können wir uns die nächsten Jahre auf einige interessante, jedoch ungewohnte Neuerungen gefasst machen. Das nennen wir einen guten Start ins neue Jahrzehnt.

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