Bringt Gold Zinsen? Ophira verspricht bis zu 7,2 Prozent „Goldzinsen“ pro Jahr

Es klingt zu schön, um wahr zu sein. Das Ophira Handelshaus bietet mit dem Produkt „Strategie Plus“ eine Goldanlage, die monatlich bis zu 0,6 Prozent „Goldzinsen“ abwirft. Bei 10.000 Euro Anlage rechnet der Chef Andreas Filkorn für zehn Jahre einen Ertrag von bis zu 7.200 Euro vor. Er stellt dies als Beteiligung an den Handelsgewinnen von Ophira dar.

Strategie Plus

Bei diesem Produkt kauft eine Kunde Gold oder Silber zum tagesaktuellen Ophira-Preis. Dieser liegt handelsüblich über dem Marktpreis, so dass gegenüber anderen Goldshops angeblich keine Nachteile entstehen. Ophira liefert die gekaufte Menge an Edelmetall außerdem sofort aus, so dass der Kunde dieses selbst besitzt. Nur die Differenz zwischen Einkaufspreis von Ophira und Verkaufspreis an den Kunden dient als Handelsmarge, mit der die Goldzinsen auf den Gesamtkaufpreis erwirtschaftet werden sollen. In einer preislich etwas überholten Broschüre wird ein Beispiel mit 35 Gramm Gewinn für Ophira vorgerechnet, aus dem jährlich 16 Gramm Ertrag für den Kunden erwirtschaftet werden sollen.

Presseanfrage

Mit Wochen Verspätung hat Andreas Filkorn auf eine Anfrage geantwortet, wie er denn die Verzinsung für seine Anleger erwirtschaften will. Dabei war im wichtig klarzustellen, dass er keine Anleger habe und keine Verzinsung bieten würde. Er betreibe lediglich „Handelsgeschäfte im Edelmetallbereich wie z. B. ProAurum, Degussa oder auch Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken“. Die Preise von Ophira seien absolut marktgerecht. Per 11. Mai, 11.04 Uhr beziffert er den Preis für ein Gramm Gold bei Ophira mit 59,95 Euro, während die von ihm benannten Preise verschiedener Wettbewerber alle darüber lagen. Beispielhaft vergleicht er den klassischen Goldkauf bei den Wettbewerbern mit seiner Strategie Plus. Danach besitzt der Kunde des Wettbewerbers nach zehn Jahren 167 Gramm Gold, während sein Kunde mit 287 Gramm viel besser dastehe.

Bonusprogramm?

Eine gewagte Konkurrentenschelte tätigt Filkorn mit der Aussage, wonach ja alle Goldhändler ihren Kunden einen Handelsgewinn ausschütten könnten. Andere Branchen würden das auch machen: „Nehmen Sie beispielsweise einen Bäcker, der mit Hilfe von Kundenkärtchen nach jedem 10. verkauften Brot ein Brot verschenkt. Bei McDonalds erhält man den 11. Cappuccino gratis. Das entspricht rund 10 % des Handelsgewinns. Wir leisten einen freiwilligen Handelsgewinn von maximal 0,6 % pro Monat. Im Gegensatz zum Bäcker oder zu McDonalds garantieren wir unsere 0,6 % pro Monat nicht. Schließlich kann der Handelsgewinn auch einmal weniger werden oder sogar Null sein.“ Was Filkorn auf weitere Nachfrage aber nicht mehr beantworten wollte war die Frage, wieso Ophira zehn Jahre wiederkehrend einen Bonus auf einen anfänglichen Kauf ausschüttet, während bei den anderen Beispielen ein Umsatz nur einmal belohnt wird.

Preisvorteile

Obwohl Ophira ihr Strategie Plus-Modell durchaus offensiv beschreibt, sollen die Goldzinsen für deren Kunden nicht entscheidend sein. Laut Filkorn kauft ein Kunde bei ihm, weil er das Gold sowieso erworben hätte: „Vielleicht hätte er ohne die Aussicht auf zusätzliches Gold nicht bei uns gekauft. Aber genau das ist der Grund dafür, warum wir einen Handelsgewinn in Aussicht stellen. Wir bedanken uns damit bei unseren Kunden.“ Doch damit nicht genug. Filkorn bezeichnet seine Preise trotz einkalkulierter Goldzinsen als vergleichbar mit den Wettbewerbern: „Der Kunde hat ebenfalls einen Vorteil, wenn Sie sich die obigen Verkaufspreise für den Kunden anschauen. Er kauft bei OPHIRA billiger ein als bei Mitbewerbern und bekommt für das gleiche Geld mehr Gold als bei Degussa oder den Sparkassen.“

Stückelung

Das wahre Geheimnis der angeblich günstigen Preise verbirgt sich in der Stückelung. Investiert ein Kunde mindestens 10.000 Euro in das Modell Strategie Plus, dann bekommt er Barren in der Größe von einem Gramm abgerechnet. Diese liegen rund 20 Prozent über dem Marktwert von Gold. Das ist eine übliche Marge, da die Herstellung von Minibarren entsprechend aufwändig ist und deshalb auch der Einkauf für Goldhändler über dem Marktpreis für Gold liegt: „Ob kleine Stückelungen mit 1 g Gold sinnvoll sind, muss jeder Kunde für sich entscheiden. Hier teilen sich die Meinungen – auch bei den Journalisten. Der Kunde, der nach dem Konzept Strategie Plus kauft, will jedoch kleine Stücke. Sonst würde er das nicht machen.“ Und auch hier kann sich Filkorn eine Konkurrentenschelte nicht verkneifen. Bei entsprechenden Umsätzen wäre sein Modell auf größere Barren übertragbar: „Die großen Goldhändler wie ProAurum oder Degussa könnten das Konzept sicher auch mit großen Barren übernehmen, weil ihr Umschlag mit größeren Barren sehr viel höher ist. Die behalten den Gewinn allerdings lieber für sich.“

Sparplan

Noch offenkundiger wird der Stückelungstrick bei den von Ophira angebotenen Sparplänen. Ab zehn Euro im Monat können Kunden investieren. Goldkäufe sind ab 0,5 Gramm möglich. Neben einer unter bestimmten Bedingungen rückerstattbaren Vermittlungsgebühr von einmalig 47 Euro fielen bis vor kurzem noch Handlinggebühren in Abhängigkeit von der Sparrate zwischen zwölf und 72 Euro sowie Lagerkosten von 1,2 Prozent pro Jahr an. Filkorn teilte allerdings mit, dass die Kosten im März 2020 gesenkt wurden: „Bis auf eine Gebühr von 47,00 Euro gibt es keinerlei Kosten mehr.“ Der entscheidende Stückelungstrick verbirgt sich aber in den Geschäftsbedingungen unter Punkt 6: „Die Auslieferung von Gold-, Silber-, Platin und Palladiumbarren erfolgt in den größtmöglichen Stückelungen. Das heißt, kleine Stückelungen werden in größere Stückelungen getauscht. Z. B. 100 Goldbarren zu 1 g werden in einen Barren mit 100 g getauscht.“ Auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden kann darauf verzichtet werden. Die Geschäftsbedingungen definieren dies aber nur als Kann-Klausel, wenn der schriftliche Wunsch spätestens zwei Wochen vor Auslieferung schriftlich vorliegt.

Schutzgemeinschaft. Eine Empfehlung für Ophira spricht die Schutzgemeinschaft für Verbraucher und Sparer aus. Damit wirbt Ophira auf ihrer Homepage. Die Schutzgemeinschaft schreibt umgekehrt auf deren Homepage, dass Gold auf jeden Fall als Geldanlage geeignet ist. Ein Vertrag solle aber eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen, die fast wie zufällig genau auf die Bedingungen von Ophira zugeschnitten sind. So wird als Fazit auch festgehalten: „Wir haben das große Angebot der Anbieter untersucht und können einen Anbieter, der alle von uns geforderten Voraussetzungen erfüllt empfehlen.“ Einen Klick später wird das Geheimnis in Form einer 5 Sterne-Bewertung für Ophira gelüftet.

Loipfinger’s Meinung

Wer schon einmal einen 1-Grammbarren aus Gold in der Hand hatte, der weiß, dass die Bezeichnung Barren eigentlich völlig unsinnig ist. Goldplättchen wäre wohl treffender formuliert. Aber diese Fehlsuggestion ist natürlich nicht Ophira alleine anzulasten. Was aber als deutliche Kritik übrig bleibt, ist die Abwicklung größerer Beträge in dieser Stückelung. Sollte ein Kunde später sein Gold wieder verkaufen wollen, dann bekommt er den Aufpreis für die kleinen Stücke nicht mehr bezahlt und verliert Geld. Wenn Filkorn im Zusammenhang mit seinem Angebot Strategie Plus schreibt, dass seine Kunden dies angeblich so wollen, dann stellt er das durch seine Geschäftsbedingungen bei Ratenkäufen wieder in Frage. Die Abrechnung von teuren Kleinststückelungen in Verbindung mit einer Auslieferung in der größtmöglichen Stückelung kann durchaus als versteckte Gebühr bezeichnet werden.

Nachtrag vom 28. Mai 2020

Ophira hat auf die Kritik von Investmentcheck reagiert und einige Dinge auf der Homepage geändert. Es gibt neue Sparplananträge und einen neuen Lagervertrag, die die weggefallenen Kosten berücksichtigen. Ophira hat außerdem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen geändert und den Passus einer möglichen Lieferung in größeren Stückelungen gestrichen. Interessenten von „Strategie Plus“ wird zur Vermeidung von Missverständnissen deutlich erklärt, welche Barrengrößen sie kaufen: „Sie erwerben 1 g Goldbarren. Wir weisen darauf hin, dass der Kauf unseres Produktes Strategie Plus nur sinnvoll für Sie ist, wenn Sie planen 1 g Goldbarren kaufen zu wollen. Der Aufpreis für die Herstellung ist bei kleinen Barren ist höher als bei größeren Barren.“

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Foto by pixabay

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