Eigentlich sollten Anleger der ShareWood Switzerland AG aus Zürich Geld mit dem Anbau von Balsa-Holz in Brasilien verdienen. Jetzt wurde ihnen allerdings offenbart, dass das Holz niemand mehr braucht. Die Nachfrage sei eingebrochen und deshalb das Holz nichts mehr wert. Die effizienteste und nachhaltigste Lösung würde darin bestehen, „das Holz der geschlagenen Bäume fachgerecht zu zerkleinern und gleich vor Ort in den Boden einzuarbeiten“. Weil selbst ShareWood einräumt, dass dies eine „große Enttäuschung ist“, räumten die Schweizer aus Kulanz ein, dafür nicht auch noch Kosten in Rechnung zu stellen und boten einen kostenlosen Baumtausch an.
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Hintergrund. Anleger investierten seit ShareWood-Gründung in 2007 unter anderem in die Aufforstung von Balsa-Bäumen in Brasilien. Das besonders leichte Holz würde schnell wachsen und eine hohe Nachfrage für Propeller von Windenergieanlagen, zum Brücken- und Flugzeugbau oder einfach nur als leichter aber besonders stabiler Baustoff Verwendung finden. Nach fünf Jahren sollte das Balsa-Holz erntereif sein und den Anlegern eine tolle Rendite bescheren. ShareWood versprach den Anlegern Eigentümer der Bäume zu werden und so zumindest eine gewisse Sicherheit zu erhalten. Ob das so funktioniert, wenn der Grund allerdings nicht den Baumanlegern gehört, erklärte ShareWood auf Nachfrage: „Das Eigentum von Bäumen, die mit dem Zweck einer späteren wirtschaftlichen Verwertung gepflanzt wurden, können unabhängig von Grund und Boden weiterverkauft und das Eigentum übertragen werden. Hierfür gibt es mehrere Legal Opinions. Letzteres wurde durch das Max-Planck-Institut im Auftrag eines deutschen Gerichts im Jahr 2019 erstellt und bestätigt unsere bisherige Sichtweise, unser Vertragswerk und die bestehenden Gutachten zu 100 %. Das Eigentum der Bäume geht ganz klar über.“
Verlust. Nachdem die Balsabäume nun schon seit mehreren Jahren eigentlich erntereif sind, versuchte ShareWood Abnehmer für das Holz zu finden. Da aber ein potenzieller Käufer in der brasilianischen Mato Grosso-Region ausfiel und auch viele andere Farmer Balsa-Holz anbauten, braucht heute das Holz niemand. Christian Marzari und Peter Möckli teilten den Anlegern deshalb mit: „Der große Bedarf nach Balsa-Holz in Brasilien bei Pflanzung Ihrer Bäume ist in den letzten Jahren gänzlich verebbt.“ Nicht einmal als Brennstoff sei das Material zu gebrauchen. Der einzig sinnvolle Lösungsvorschlag sei die Zerkleinerung des Materials und die Einarbeitung in den Boden. Damit wäre das Kapital der Anleger komplett verloren. Allerdings beschwichtigte Nadine Meyer-Neufeld, Head of Marketing & Communications bei ShareWood Switzerland AG gegenüber investmentcheck: „Die Baumeigentümer erleiden aber keinen Ausfall, da wir eine Kulanzlösung mit einem kostenlosen Baumtausch als Ersatz anbieten.“ Was sie aber nicht dazu sagte war, welche und wie viele Bäume die Anleger bekommen sollen und wann diese wie viel bringen könnten. Auf das Geschäftsgeheimnis berief sie sich bei der einfachen Frage, wie viele Anleger davon überhaupt betroffen seien.
Warnung. Kritisiert wurden bisher die inhaltlich katastrophalen Verkaufsunterlagen: „Außer Marketingsprüchen ist wenig zu finden, das für eine qualifizierte Anlageentscheidung wichtig wäre.“ Zur Vorsicht mahnten auch die nicht konsistenten Angaben von ShareWood über die bewirtschafteten Flächen im brasilianischen Mato Grosso. Und natürlich nicht zuletzt das von der Finanzaufsicht BaFin ausgesprochene Vertriebsverbot: „Die ShareWood Switzerland AG darf keine Vermögensanlagen in Form von Direktinvestments in Teak-, Eukalyptus-und Balsa-Bäume in Deutschland zum Erwerb anbieten.“
Neuer Hinweis. Die Presse fragte ShareWood ganz direkt, ob sie sich an das Verkaufsverbot der BaFin halten. Darauf antworteten die Schweizer, dass sie zurzeit ihre Produkte nicht in Deutschland verkaufen würden, auch wenn sie die Einschätzung der BaFin nicht teilen und deshalb Beschwerde einreichten. Darauf weisen sie an mehreren Stellen auf ihrer Homepage hin. Allerdings ist die Presse letzte Woche noch nicht über solche Hinweise gestolpert. Zufall oder auch nicht: Nach der Anfrage sind sie nun vorhanden.
Landgericht Frankfurt. Die Richter von der 4. Zivilkammer des Frankfurter Landgerichts haben nun kürzlich ShareWood zu Schadensersatz gegenüber einem Anleger verurteilt. Der Rechtsanwalt Christian Heitmann von der RK Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH sieht darin auch für andere Anleger gute Chancen. Das liegt daran, dass die Frage des Gerichtsstandes geklärt sei und deutsches Recht anwendbar. Damit können die Verträge widerrufen werden, weil nach deutschem Recht eine Widerrufsbelehrung nötig gewesen wäre. Diese gab es allerdings nicht. Heitmann ist deshalb überzeugt, dass die Verträge rückabzuwickeln sind. ShareWood sieht das ganz anders. Sie haben gegen das nicht rechtskräftige Urteil Berufung eingelegt, weil es aus ihrer Sicht auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung basiere. In ihren Augen gilt Schweizer Recht, das ein Widerrufsrecht nicht vorsieht. Somit muss nun in diesem Fall die nächste Instanz entscheiden. Ob aktuell andere Verfahren anhängig sind, wollte Nadine Meyer-Neufeld nicht beantworten. Auch hier verwies sie auf das Geschäftsgeheimnis.
Loipfinger’s Meinung. ShareWood will Experte bei Holzinvestments sein und hat sich bei der Einschätzung der Absatzmärkte für Balsa-Holz komplett verzockt. Selbst in der aktuell zum Download angebotenen Sales-Broschüre beschreibt sich ShareWood allerdings immer noch als verlässlicher Partner für „Investitionen in Teak-, Eukalyptus- oder Balsaholz“. Für geschädigte Anleger klingt das vermutlich wie Hohn. Daran ändert auch eine angebliche Kulanzlösung in Form eines kostenlosen Baumtausches nichts. ShareWood hat sich selbst als Holzexperte disqualifiziert. Die Weigerung, aussagekräftige Verkaufsprospekte zu liefern, wirkt dagegen schon fast unbedeutend, ist aber natürlich eigentlich auch so schon Grund genug für eine Warnung.