Das LG Köln entschied im vergangenen Jahr, dass der kostenpflichtige Vertragsgenerator des Legal-Tech-Anbieters Smartlaw gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstößt. Das OLG Köln machte am 15.05.2020 dagegen deutlich, das Modell für zulässig zu halten. Das Gericht will daher die Revision zulassen.
Mit ihrem im Oktober 2019 veröffentlichten Urteil hatten die Richter des Landgerichts Köln für bundesweite Aufmerksamkeit in der Rechtsbranche gesorgt. Die Rechtsanwaltskammer (RAK) Hamburg hatte ein Verfahren aufgrund der Vertragssoftware von Smartlaw gegen den anbietenden Informationsdienstleister Wolters Kluwer Deutschland GmbH eingeleitet. Zum einen sei die Werbung für den Vertragsgenerator unzulässig, zum anderen verstoße das Angebot selbst gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), weil solche Dienstleistungen nur Rechtsanwälte und keine Generatoren erbringen dürften.
Das LG Köln hatte der Klage vollumfänglich stattgegeben. In dem Vertragsgenerator, mit dem Verbraucher beliebige Rechtsdokumente gegen Entgelt generieren können, sah das LG Köln einen Verstoß gegen § 2 des Rechtsdienstleistungsgesetzes.
Gegen dieses Urteil hat der Verlag Wolters Kluwer Deutschland GmbH, dem Smartlaw seit 2014 angehört, Berufung eingelegt, über die am 15.05.2020 vor dem 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Köln verhandelt wurde.
Werbephrasen irreführend und unzulässig
In dem Berufungsverfahren ging es um die beiden getrennten Klageanträge der RAK Hamburg. In dem vorgetragenen Ergebnis der vorläufigen Beratung des Senats macht der vorsitzende Richter, Hubertus Nolte, zweierlei deutlich:
Zum einen sei die – von Wolters Kluwer zwischenzeitlich bereits veränderte – Werbung irreführend gewesen. Formulierungen wie „günstiger und schneller als der Anwalt“ oder „Rechtsdokumente in Anwaltsqualität“ stellen einen unzulässigen Vergleich einer reinen Softwarelösung mit einer anwaltlichen Dienstleistung dar.
Daraufhin nahm das Unternehmen seine Berufung in diesem Punkt auch zurück. In der aktuellen Werbung für das Produkt wird auf derartige Vergleiche nun verzichtet.
Vorläufige Einschätzung des Senats
In Bezug auf die Grundsatzfrage, ob solche Vertragsgeneratoren grundsätzlich zulässig sind, wird die Berufung nach der vorläufigen Einschätzung des Senates aber Erfolg haben.
Der Senat begründete dies anhand verschiedener Überlegungen. Zum einen definiert § 2 RDG die Rechtsdienstleistung als „jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.“
Smartlaw bietet seinen Kunden gegen Entgelt die Möglichkeit, sich den gewünschten Vertrag selbst zu gestalten. Dies geschieht, indem der Kunde anhand eines Fragenkatalogs bestimmte Eingaben macht und das Programm auf Grundlage dessen bestimmte Formulierungen auswählt. Eine individuelle – menschliche – Prüfung durch den Anbieter findet hingegen nicht statt.
Der Senat hatte schon Bedenken in Bezug auf die Frage, ob es sich überhaupt um eine „fremde Angelegenheit“ im Sinne des § 2 RDG handelt. Der Nutzer mache ja eigene Angaben in eigenen Angelegenheiten.
Die zugrunde liegende Programmierung sei dabei unbeachtlich, sie führe zu keiner Zurechnung des Ergebnisses der Eingaben als konkrete Rechtsberatung durch den Verlag. Dies sei auch vom Gesetzgeber bei der Schaffung des RDG so gewollt gewesen. Der Senat führte weiterhin aus, dass der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil zum Fall „wenigermiete.de“ Vertragsgeneratoren als nicht unter das RDG fallend angesehen habe.
Vertragsgenerator als naheliegendes digitales Hilfsmittel
Der Senat vertrat auch die Auffassung, dass erst dann eine Rechtsdienstleistung vorliegen könne, wenn eine menschliche Aktivität eingesetzt wird. „Computerprogramme erbringen keine Rechtsdienstleistungen“, so der Vorsitzende Nolte.
Der Verbraucher gehe auch nicht davon aus, dass bei dem Produkt eine konkrete persönliche Beratung angeboten werde. Es sei ein „naheliegendes digitales Hilfsmittel“. Nolte wies zudem darauf hin, dass es nicht Zweck des RDG sei, die Anwaltschaft vor konkurrierenden Produkten zu schützen. Der Verbraucher wisse sehr wohl, dass es bei diesem Produkt keine professionelle, juristische Prüfung gebe.
Sein Urteil will der Senat des OLG Köln am 19.Juni 2020 verkünden. Nach diesen deutlichen Aussagen des Vorsitzenden Richters dürfte die Berufung von Wolters Kluwer Deutschland Erfolg haben. Der Senat kündigte jedoch an, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens, die Revision zum BGH zuzulassen, da die Rechtsfrage einer grundsätzlichen Klärung bedürfe. Die umstrittene Frage der Zulässigkeit von Vertragsgeneratoren endgültig zu beantworten, wäre dann Aufgabe des I. Zivilsenat des BGH.
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Foto: Shutterstock/Andrey_Popov