Wenn wir einmal ehrlich sind, dann sind Anwälte in Deutschland mindestens genauso beliebt, wie das Corona-Virus. Nach dem Beliebtheitsranking des Forsa-Institutes im Auftrag des Beamtenbundes sind Anwälte „stabil unbeliebt“. Der Umstand, dass ein neuartiges Virus möglicherweise unbeliebter ist als Rechtsanwälte, die sich schon seit Jahrhunderten größte Mühe geben, möglichst wenig Sympathiepunkte zu sammeln, nahm die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) zum Anlass, die Auswirkungen der Corona-Krise auf die deutsche Anwaltschaft näher zu untersuchen.
Die 11 Punkte umfassende Umfrage der BRAK wurde über 20.000 mal angeklickt, 14.489 Rechtsanwälte haben sich beteiligt (9% der Anwaltschaft). Vier Wochen nach dem Lockdown gehen 45% der Anwälte davon aus, staatliche Hilfen in Anspruch nehmen zu können.
Arbeitsweise der Anwälte wirkt sich positiv aus
Die oftmals kritisierten „langsamen Mühlen“ der Justiz kommen den Anwälten in der Krise nun zu Gute. Denn die wirtschaftlichen Auswirkungen treffen die Anwaltschaft erst viel später als andere Berufsgruppen, da sie schlicht „genauer“ arbeiten. Zwar gaben 19,2% der Befragten an nun weniger Mandate akquiriert zu haben als vor Corona. Die Arbeitszeit wird dadurch jedoch nicht geringer, da in der nun freigewordenen Zeit, die lästigen Akten aus dem Regal gezogen und endlich bearbeitet werden können. Lediglich 8,7 % der befragten Anwälte haben als Arbeitgeber Kurzarbeit in ihren Kanzleien eingeführt. 2 % der Teilnehmer sind in Kanzleien angestellt, in denen Kurzarbeit für Sekretariate und/oder Anwälte eingeführt wurde.
Interessenvertretung der Anwälte zeigt Wirkung
Dementsprechend hat die Interessenvertretung der Rechtsanwälte, die Bundesrechtsanwaltskammer, reagiert und im Zeitraum vom 19.03. bis 15.04 bereits eine Presseerklärung, einen Brief an die Bundeskanzlerin und einen weiteren Brief an die Landesregierungen geschrieben. Darin erklärt die BRAK, dass Rechtsanwälte in der Regel zeitverzögert mit Liquiditätseinbußen zu rechnen haben: Aktuell sind noch Einnahmen aus Vorschüssen oder bearbeiteten Mandaten zu verzeichnen. Der Rückgang bei den Neumandaten wird sich jedoch langfristig auswirken, weswegen die „Soforthilfen“ erst später benötigt werden.
Am schlimmsten trifft es die Straf- und Verkehrsrechtler
Wie stark ein Anwalt von der Pandemie betroffen ist, hängt mitunter davon ab, in welchem Rechtsgebiet seine Tätigkeit liegt. Offenbar geht es denen, deren Tätigkeitsfeld in der Wirtschaft liegt, weniger schlecht als denjenigen, die sich mit Themen näher am Leben befassen müssen.
Leider werden im Rahmen der Coronakrise weniger Straftaten begangen, was sich negativ auf die Mandate der Strafrechtler auswirkt: Nur 9,2 Prozent geben an, dass sie genauso viele Mandate generieren konnten zuvor. 25,2 Prozent von ihnen mussten Mandatsrückgänge von bis zu 50, weitere 26,6 Prozent sogar bis zu 75 Prozent hinnehmen.
Ab wann geht es wieder bergauf?
Die befragten Rechtsanwälte gehen davon aus, dass wenn der Kanzleibetrieb sofort wieder normal anlaufen würde, die Einbußen nach sechs Monaten überwunden sein würden (37 %). 23,9 Prozent gehen davon aus, dass das Tal des Leidens nach einem Jahr durchquert wäre und nur vier Prozent glauben, dass es zwei Jahre dauern könnte. Die aktuellen Lockerungen verstärken die Hoffnung, dass bald nun wieder mehr Straftaten und Verkehrssünden begangen werden.
Die Gesamtauswertung der Umfrage findest Du hier
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Photo by Ruthson Zimmerman on Unsplash