Für mehr Schutz für Fahrradfahrer und Fußgänger sollten die Änderungen in der Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) sorgen. Außerdem wollte man Rasern entgegenwirken. Ende April 2020 trat dann der neue Bußgeldkatalog mit einer erheblichen Verschärfung für Autofahrer in Kraft. Selbst für „Ersttäter“ drohte seitdem beispielsweise schon bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts um 21 km/h (bislang 31 km/h) oder einer Geschwindigkeitsüberschreitung außerorts um 26 km/h (bislang 41 km/h) ein einmonatiges Fahrverbot.
Aber sind die Änderungen in der StVO überhaupt wirksam?
Dem Gesetzgeber ein formeller Fehler unterlaufen ist. Das Zitiergebot wurde missachtet. Danach muss die Ermächtigungsgrundlage für eine Verordnung vollständig benannt werden. § 26a Abs. 1 Nr. 3 StVG wird aber nicht genannt – und damit ist gerade die Verschärfung des Fahrverbotes bei der Nennung untergegangen.
Einen Verstoß gegen das Zitiergebot hält das Bundesverfassungsgericht für so schwerwiegend, dass er regelmäßig die Nichtigkeit der gesamten Verordnung zur Folge hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 06. Juli 1999 – 2 BvF 3/90).
So ist nun auch in allen Bundesländern die neue StVO-Novelle in ihrer Gesamtheit außer Vollzug gesetzt. Die Missachtung des Zitiergebotes in der StVO-Änderungsverordnung betrifft zwar nur Regelfahrverbote. Einer Teilnichtigkeit steht aber eigentlich der Grundsatz der Rechtssicherheit entgegen. Es darf keine Rechtsunsicherheit darüber bestehen, welche Teile der Verordnung wirksam sind und welche nicht.
Was bedeutet das für Betroffene?
Es besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass momentan eine Sanktion nach der neuen Verordnung durch Einlegung eines Einspruchs vermieden werden kann. Es ist daher zu raten – insbesondere bei Verhängung eines Fahrverbotes – gegen Bußgeldbescheide, die Ordnungswidrigkeiten nach dem 28.04.2020 ahnden, vorzugehen.
Sie sollten innerhalb der zweiwöchigen Frist Einspruch einlegen, da auch ein rechtswidriger Bescheid Rechtskraft entfalten kann. Der Einspruch sollte mit der Unwirksamkeit der Neuregelungen begründet werden.
Sollte es für einen Einspruch bereits zu spät sein, kann bei der Bußgeldstelle ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub beantragt werden. Wurde Ihnen bereits Ihr Führerschein abgenommen, gibt es die Möglichkeit mit einem so genannten Gnadengesuch die Aufhebung der Entscheidung im Bußgeldverfahren zu beantragen und die Herausgabe des Führerscheins zu verlangen. In diesen Fällen ist es ratsam, sich an einen Anwalt zu wenden.
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Bild von Free-Photos auf Pixabay