Koalitionsvertrag: 7 wichtige Vorhaben zu Finanzen und Recht

Der Koalitionsvertrag steht. 8300 Zeilen, 177 Seiten lang ist das Werk. Wir haben uns die Absichtserklärung der zwei großen Volksparteien genauer angesehen. Neben viel Pathos zu Europa, Erstaunliches zu Digitalisierung sowie Kompromissen zu Flüchtlingszahlen, gibt es viel Konkretes zum Thema Finanzen und Recht. Wir haben das Wichtigste zusammengetragen:

1. Gemischtes Bild bei Steuern

Es hat sich schon in den Sondierungsgesprächen abgezeichnet. Die SPD konnte sich mit Steuererhöhungen nicht bedingungslos dursetzen, auch der Spitzensteuersatz bleibt bei 42 Prozent. Mehrmals heißt es nun im Vertrag: „Keine Erhöhung der Steuerbelastung der Bürger.“ Klingt eindeutig, ist es aber nicht. An anderer Stelle wird verkündet: „Die Abgeltungsteuer auf Zinserträge wird… abgeschafft.“ Zinserträge sollen somit künftig dem persönlichen Einkommensteuersatz unterliegen. Das mag bei den mageren Zinsen heute nicht zum Aufschrei führen, doch sobald die Zinsen steigen, wird das für viele Steuerzahler sehr teuer. Zudem wolle man an der Einführung einer Finanztransaktionsteuer im europäischen Kontext festhalten.

2. Abbau Soli, weniger Sozialabgaben

Jetzt hat es den Soli doch erwischt. Allerdings hat man es mit der Abschaffung nicht ganz so eilig. „Wir werden den Solidaritätszuschlag schrittweise abschaffen und ab dem Jahr 2021 mit einem deutlichen ersten Schritt im Umfang von zehn Milliarden Euro beginnen. Dadurch werden rund 90 Prozent aller Zahler des Solidaritätszuschlags durch eine Freigrenze (mit Gleitzone) vollständig vom Solidaritätszuschlag entlastet.“

Zudem soll der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte gesenkt werden.

3. Mehr Geld für Wohnungsbau und Eigenheim

Im Rahmen einer „Wohnraumoffensive“ sollen 1,5 Millionen neue Wohnungen und Eigenheime entstehen und bis 2020 2 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau ausgegeben werden. Mit einem Baukindergeld von 1.200 Euro je Kind pro Jahr (für eine Dauer von 10 Jahren) soll Familien der Kauf einer Immobilie erleichtert werden. In den Genuss des Baukindergeldes sollen Familien mit einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von bis zu 75.000 Euro pro Jahr kommen können, wobei pro Kind ein Freibetrag von 15.000 Euro vorgesehen ist.

Für frei finanzierte Wohnungen im unteren Mietsegment soll zusätzlich zur linearen Abschreibung eine bis Ende 2021 befristete Sonderabschreibung von fünf Prozent jährlich eingeführt werden.

4. Mehr Wohnungen, weniger Mietsanstieg

Die Mietpreisbremse soll bis Ende 2018 auf „Geignetheit und Wirksamkeit“ überprüft werden. Vermieter sollen verpflichtet werden, gegenüber neuen Mietern die Vormiete offenzulegen.

Qualifizierte Mietspiegel sollen gestärkt und deren Bindungszeitraum von zwei auf drei Jahre verlängert werden. Eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums von derzeit vier Jahren soll geprüft werden.

In Gebieten geltender Kappungsgrenze für Mieterhöhungen soll die Modernisierungsumlage auf acht Prozent (derzeit elf Prozent) gesenkt werden. Die Regelung soll zunächst auf fünf Jahre befristet und dann überprüft werden.

Zudem soll die monatliche Miete innerhalb von sechs Jahren nach einer Modernisierung nicht mehr als drei Euro pro Quadratmeter steigen dürfen. Damit sollen Mieter vor sogenannten Luxussanierungen geschützt werden. Das „gezielte Herausmodernisieren“ von Mietern soll künftig eine Ordnungswidrigkeit darstellen und Schadensersatzansprüche der Mieter begründen.

Zudem sind im Vertrag einige Reformen angekündigt, wie z.B. bei der Grundsteuer. Um Spekulationen mit ungenutztem Bauland einzudämmen und Grundstückseigentümer zum Bauen zu bewegen, ist die Einführung einer Grundsteuer C vorgesehen, mit der ungenutztes Bauland stärker besteuert werden soll.

5. Stabilere Rente, Kampf gegen Altersarmut

Die gesetzliche Rente soll bis 2025 auf dem heutigen Niveau gehalten werden und der Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen. Selbstständige sollen „gründerfreundlich“ zur Altersvorsorge verpflichtet werden. Künftig sollen sie zwischen der gesetzlichen Rentenkasse, oder anderen „geeigneten insolvenzsicheren Vorsorgearten wählen können.“

Müttern, die vor 1992 drei oder mehr Kinder geboren haben, soll auch das dritte Jahr Erziehungszeit angerechnet werden. „Wir wollen die „Mütterrente II“ einführen. Das ist ein wichtiger Baustein zur Bekämpfung von Altersarmut. Diese Verbesserungen bei der Mütterrente durch einen 3. Entgeltpunkt pro Kind sollen für Mütter und Väter gelten, die drei und mehr Kinder erzogen haben.“

Zudem soll, wer Jahrzehnte gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt hat, nach 35 Beitragsjahren eine Grundrente zehn Prozent über der Grundsicherung erhalten.

6. Mehr Geld für Familien

Das Kindergeld zum 1. Juli 2019 um 10 Euro, zum 1. Januar 2021 um weitere 15 Euro steigen. Zudem soll es „mehr Geld für Kitaausbau, Entlastung von Eltern bei den Gebühren bis hin zur Gebührenfreiheit.“ und deutliche „Verbesserungen und Ausbau“ beim BAföG.

7. Paritätische Finanzierung der Krankenversicherung – Bürgerversicherung kommt (noch) nicht

„Ab 1. Januar 2019 werden Beiträge zur Krankenversicherung wieder in gleichem Maße von Arbeitgebern und Beschäftigten geleistet.“ Derzeit gibt es einen festen allgemeinen Beitragssatz von 14,6 %, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen bezahlen. Dazu kommt ein Zusatzbeitrag, den die Kassenmitglieder alleine schultern müssen (der liegt etwa bei 1 % des Einkommens).

Die mit ideologischem Eifer diskutierte Bürgerversicherung ist offensichtlich vom Tisch. Kein Wort davon zu lesen im Vertrag. Wer nachlesen möchte, was die Koalitionäre hierzu zusammen gedoktort haben, dem empfehlen wir diesen Artikel.

Zu den Themen Musterfeststellungsklage und den erstaunlich umfänglichen Absichten zu Digitalisierung informieren wir Sie in den nächsten Ausgaben dieses Newsletters ausführlich.

Am 4. März 2018 wird die Entscheidung der Mitglieder der SPD zum Koalitionsvertrag verkündet. Wir sind sehr gespannt, ob es der neuen Führung um Andrea Nahles und Olaf Scholz gelingt, die Mitglieder für weitere vier Jahre GroKo zu gewinnen.

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