Rechtliche Folgen einer Scheinselbstständigkeit

© Pexels/Kaboompics.com

Arbeitgeber sehen sich immer wieder mit dem Problem der Scheinselbstständigkeit konfrontiert. Und Scheinselbstständige sind sich oftmals ihrem Status gar nicht bewusst.
Ein Scheinselbstständiger arbeitet wie ein Arbeitnehmer, aber er und sein Auftraggeber umgehen die Versicherungspflicht und zahlen keine Beiträge für die Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Zudem genießt er keinen Kündigungsschutz, wird nicht durch das Arbeitszeitgesetz geschützt und hat kein Recht auf Urlaub.
Sowohl der Auftragnehmer als auch der Auftraggeber sollten stets genau prüfen, ob das Risiko einer Scheinselbstständigkeit besteht. Denn die finanziellen und rechtlichen Konsequenzen sind gravierend. Zudem gilt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.
Wie Du das Risiko einer Scheinselbstständigkeit abschätzen kannst und welche Folgen drohen, erfährst Du in diesem Artikel.

Welche Kriterien deuten auf eine Scheinselbstständigkeit hin?

Auf Dauer nur für einen Auftraggeber tätig oder mehr als 5/6 der Einnahmen kommen von einem Auftraggeber.

  • Weisungsgebunden, fester Arbeitsplatz und feste Arbeitszeiten.
  • Der Tätigkeitsbereich des Freelancer lässt der Auftraggeber regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer durchführen.
  • Feste vom Auftraggeber vorgegebene Urlaubsregelungen.
  • Reporting-Pflichten gegenüber dem Auftraggeber.
  • Kein eigenes unternehmerisches Auftreten nach außen (keine eigenen Briefköpfe oder Zeitungsannoncen, keine eigene Kundenakquisition).
  • Regelmäßige Teilnahme an internen Briefings und Meetings des Auftragsgebers.

Aus diesem Katalog folgt, dass der Arbeitnehmerbegriff nicht starr ist, sondern nur anhand dieser Indizien bestimmt wird. So führt etwa der Umstand, dass ein Unternehmer auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist, nicht automatisch zur Annahme einer Scheinselbstständigkeit. Zu betrachten ist die Gesamtsituation.

Wer prüft überhaupt, ob eine Scheinselbstständigkeit vorliegt?

Als Arbeitgeber solltest Du das Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn eine Scheinselbstständigkeit kann jederzeit aufgedeckt werden. Folgende Szenarien sind denkbar:

  • Dein Auftragnehmer leitet ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung ein. Im Rahmen dieser Statusfeststellung prüft die Versicherung, ob jemand tatsächlich selbstständig arbeitet.
  • Dein Auftragnehmer könnte dich auf Festanstellung verklagen. So überprüft ein Arbeitsgericht, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt.
  • Die Rentenversicherungsträger überprüfen mindestens alle vier Jahre, ob ein Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge korrekt berechnet und abgeführt hat. Bei dieser Prüfung kann eine Scheinselbstständigkeit auffliegen.

Die Folgen einer Scheinselbstständigkeit

Wenn eine Scheinselbstständigkeit vorliegt und nachgewiesen werden kann, müssen sowohl Auftraggeber als auch der Auftragnehmer mit rechtlichen und finanziellen Konsequenzen rechnen.

Für den Auftraggeber

Bei Annahme einer Scheinselbstständigkeit gelten rückwirkend alle Haftungs- und Zahlungsverpflichtungen wie für normale Angestellte. Das hat zur Konsequenz, dass Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nachträglich zu zahlen sind. Auch das Finanzamt kann Lohnsteuernachzahlungen einfordern. Diese Zahlungspflichten können rückwirkend bis zu 4 Jahren entstehen.

Das kann sich schnell zu einer erheblichen Summe addieren und den wirtschaftlichen Ruin für den Auftraggeber bedeuten. Bei einer vorsätzlichen Scheinselbstständigkeit drohen für sogar Bußgelder, Gefängnisstrafen und Rückzahlungsforderungen bis zu 30 Jahre.

Für den Auftragnehmer

Der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer werden rechtlich als Gesamtschuldner angesehen, womit der Scheinselbstständige grundsätzlich die Hälfte der Beiträge aus eigener Tasche zu entrichten hat. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmeranteil allerdings nur vom Gehalt abziehen – und das funktioniert logischerweise nur, wenn man in Zukunft noch weiter zusammenarbeitet. Und selbst dann darf die Rückzahlung nur für die vergangenen drei Monate von dem künftigen Gehalt abgezogen werden.

Bei der Lohnsteuer kann das Finanzamt zwar nach eigenem Ermessen entscheiden, an wen es sich wendet. Doch wird es sich meist den Arbeitgeber als den solventeren Schuldner aussuchen. Die Scheinselbstständigen sind dann meist aus dem Schneider.

Bei Fragen und Unsicherheiten rund um das Thema Scheinselbstständigkeit stehen wir Dir jederzeit zur Verfügung.

Schreibe einen Kommentar