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Neben der Wahl der neuen Kommissionpräsidentin, dem ewigen Hin und Her zum Brexit kommt aus Brüssel ab und zu auch Handfestes: Bereits im Frühjahr haben sich das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission auf eine Reform der Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie geeinigt. Diese sieht vor, dass sich selbständig tätige Personen innerhalb von drei Jahren europaweit einheitlich entschulden können. Dies entspricht einer Halbierung der bisherigen Dauer!. Die bisher in Deutschland geltende Dauer des Verfahrens von 6 Jahren kann schon seit dem Jahr 2013 auf 5 Jahre reduziert werden, wenn die Verfahrenskosten bezahlt werden, was oftmals möglich sein wird; eine Reduktion auf 3 Jahre ist nur dann vorgesehen, wenn 35 % sämtlicher Verbindlichkeiten bezahlt werden – dies ist den wenigstens Schuldnern möglich.
Die Restschuldbefreiung soll sodann ohne Bedingungen erteilt werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Regelungen – wie in der Vergangenheit auch – auch für Privatpersonen gelten sollen.
Aktuell ist zu vernehmen, dass die Vorbereitungen zur Richtlinie nun nahezu abgeschlossen sind, so dass die Richtlinie noch in diesem Jahr verabschiedet werden könnte. Sobald dies erfolgt ist, ist der deutsche Gesetzgeber gehalten, diese wiederum in deutsches Recht umzusetzen; der genaue Zeitpunkt steht also noch nicht fest.
Eine Umsetzung wäre für die Betroffenen ein erheblicher, nachhaltiger Vorteil.
Wie in Deutschland üblich, ist die Resonanz auf diese Entscheidung – je nach Interessenlage – geteilt:
Die Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen, die ja bekanntlich im Auftrag von Unternehmen Außenstände eintreiben, ist der Ansicht, dass Deutschland kein Turbo-Insolvenzverfahren benötige und dies als regelrechte Einladung zum Schuldenmachen missverstanden werden könne. Die Schuldnerberatungen hingegen finden die Richtlinie gut, im Übrigen zeigten die Erfahrungen, dass die Gläubiger bei einer über drei Jahre hinausgehende Laufzeit kaum zusätzliche Gelder erhalten.
Die Zahl der Betroffenen ist (leider) eindrucksvoll. In Deutschland sollen über 6 Millionen Personen überschuldet sein, im Jahre 2018 haben knapp 70 000 Privatpersonen ein Insolvenzverfahren beantragt, etwa 620 000 Personen warten auf eine Restschuldbefreiung.
Wer überlegt, ein solches Verfahren zu durchlaufen oder die Umsetzung diese Richtlinie abzuwarten, sollte sich zuvor gut informieren – denn wie immer bei wichtigen Fragen ist die Vorbereitung und die richtige Durchführung für das erfolgreiche Gelingen von entscheidender Bedeutung. Klar ist, dass die neuen Fristen nur für neue Verfahren gelten, eine Ausdehnung auf bestehende, eröffnete Verfahren ist sehr unwahrscheinlich.